Das neue Manager Magazin ist da, Heft 12/2017. Bereits auf der ersten Doppelseite fällt eine Automobil-Werbung ins Auge. Die ist richtig gut gemacht: Im Hintergrund ist das Cockpit einer Limousine abgebildet, voll mit eindrucksvoller, aber unaufdringlich präsentierter Elektronik. Ideal in der dezenten, warmen Farbgebung und Ausleuchtung. Die Perspektive ist die des Fahrers, aber vertikal etwas verschoben, als wäre man im Sitz nach unten gerutscht, so dass der Betrachter nun leicht nach oben blickt — fast schon ehrfürchtig. Ein perfekt in Szene gesetztes Motiv.
Wenn da nicht der Text wäre!
Direkt unter dem Lenkrad, also der Schnittstelle, an der man mit dem technischen „Wunderwerk“ Kontakt hat, es anfassen darf, in großen Lettern der Slogan:
„So intuitiv wie Ihre Frau. So digital wie Ihre Kinder“.
Darunter das Logo: die vier Audi-Ringe
What? Im Ernst??
Und dann, quasi als grammatikalische Höchstleistung:
„Denken Sie nicht an ein Auto. Denken Sie in A8.“
Wie mag man sich fühlen, wenn man zu solcher sprachlichen Hochform aufläuft?
Also: Werbung — Audi — Ein neues Modell — A8 — tolles Bildmotiv. Soweit alles klar, das verstehe ich.
Was ich ganz und gar nicht verstehe: Warum richtet sich die Aussage eigentlich nur an Männer? Und: Wie arm mag mein Leben sein, wenn ich meinem Auto ernsthaft Eigenschaften meiner Frau und meiner Kinder zuschreiben muss? Also einen zwar teuren, aber letztlich banalen Gegenstand personifiziere. Ehrlich: Ich will das nicht, ich brauche das auch nicht.
Und was soll mir dieser Slogan denn allen Ernstes sagen?
Etwa, dass Männer, die einen A8 fahren, Macher und Kopfmenschen sind (Intuition ist etwas für Frauen), technikbegeistert und erfolgreich (recht teuer, so ein A8), aber wohl vom digitalen Wandel überfordert (da sind die Kinder zuständig — und eben das neue Auto)?
Oder, dass Frauen solche Autos sowieso nicht fahren oder nicht fahren können? Also auch nicht adressiert werden müssen. Vielleicht, weil sie (auswählen:) den falschen beruflichen Kontext dafür haben / doch eher für den Haushalt zuständig sind / lieber shoppen gehen / bestenfalls auf den Beifahrersitz gehören / …. ?
Was für eine Ironie: Hier soll die Zukunft der Automobilität beworben werden — und das mit einem gänzlich veralteten und rückwärtsgewandten Rollen- und Lebensverständnis.
Wenn ich dann noch der Aufforderung nachkomme und tatsächlich „in A8 denke“, dann fällt mir ein: da war doch mal was!
Audi A8, das war doch das Modell mit den höchsten jemals bei einem Diesel-PKW gemessenen Stickoxidwerten. Ein modernes, 150.000 Euro teures Premium-Modell, seit etwa drei Jahre auf dem Markt. Entsprechend ist es offiziell mit Euro 6-Norm unterwegs, pustet aber dennoch mehr Stickoxid in seine Umgebung als ein 15 Jahre alter Euro 4 Diesel: im Realbetrieb durchschnittlich 15.000 mg/km mit Spitzenwerten von fast 20.000 mg/km. Der zulässige Grenzwert liegt aus gutem Grund bei -Achtung!- 80 mg/km!
„Denken Sie in A8“ — Äh…, nein! Lieber nicht.
Jetzt also die neue, vierte Generation des A8. Aber: Modelle für die Zukunft der Mobilität stelle ich (und nicht nur ich) mir anders vor. Mutiger, konsequenter, visionärer. Wenn man ein bestehendes Produkt inkrementell immer weiter verbessert, bleibt das, was dabei entsteht, eben genau das: eine verbesserte Version von etwas Altem. Aber eben nichts wirklich Neues. Man darf gespannt sein, wie sich ein solches „Zukunfts“modell gegen die disruptiven Konzepte von leichter, agiler, vernetzter Mobilität behaupten kann, wenn diese bald ihre exponentielle Wucht entfalten werden.
Und so ist es vielleicht gerade konsequent und eben gar nicht verwunderlich, dass man hierfür dann auch alte Rollenmodelle bedient und alte Lebenskonzepte abruft. Aus der Vergangenheit heraus denkt, nicht von der Zukunft her. Tradition statt Vision.
Das Ganze dann schön bunt und knallig aufbereitet, vielleicht merkt es ja niemand.
Na denn: Gute Fahrt.